Die Story

1. AKT

Rachel – Das Musical entstand in der Vorbereitungsphase zum Weltjugendtag 2005 und greift, dessen Thema „Wir sind gekommen, um ihn anzubeten“ (Mt 2,2) auf. Der Vers ist aus dem Matthäus-Evangelium zitiert, in dem der Evangelist die Geschichte der „drei Weisen aus dem Morgenland“ erzählt. Viel mehr als das Darbringen der Geschenke an der Krippe, handelt die Erzählung von Aufbruch und Unterwegssein. Dabei orientieren sich die Magier aus dem Osten an einem Stern, den sie aufgehen sahen. Tief im Innern wissen sie, welcher Stimme und welchem Zeichen sie zu folgen haben, um dort anzukommen, wo sie es hintreibt: zu Gott, der gerade Mensch wurde und damit seine tiefe Liebe und Solidarität zu uns offenbart.

Folgerichtig beginnt das Stück auch mit der Matthäuserzählung. In Rachels Traum kommen die drei Magier bei König Herodes an und erkundigen sich nach dem Ort, an dem der neue König der Juden geboren werden sollte. Herodes erschreckt. Gibt es jemand, der ihm seinen Platz streitig machen wird? Die Schriftgelehrten verweisen auf Bethlehem. Hinterhältig heuchelt auch Herodes gläubiges Interesse vor. Die Magier mögen zu ihm zurückkehren, damit auch er dem Kind huldigen könne (Wir sind gekommen).
Plötzlich fährt Rachel aus ihrem Traum hoch. Nein, nicht zu Herodes zurück! Amelie Dunant, ihre Amme beruhigt sie und erkennt im Traum die Matthäusgeschichte. Das kleine Mädchen und der seltsame Brand, die ebenfalls Traumbilder waren, vermag Amelie jedoch nicht zu deuten.

Wie die drei Weisen muss sich auch Rachel in diesem musikdramatischen Werk auf ihren Weg machen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wächst sie als jüngste Tochter in der sehr reichen Familie van Delpt auf. Rachel ist eine junge, hübsche und intelligente Frau, hat aber noch nicht viel von der Welt gesehen und glaubt – etwas naiv – an das Gute und Schöne, ohne sich des großen Elends um sie herum bewusst zu sein. Der „liebe Gott“ an den sie glaubt, ist bequem und angenehm. Ihr Glaube fordert sie nicht heraus und ruft sie nicht in ein aktives Handeln für die Armen und Unterdrückten der Welt.

Herr van Delpt empfängt Damian Gainsborough, einen aufstrebenden, ehrgeizigen Immobilienmakler, der an den Grundstücken im Armenviertel interessiert ist, um dort ein Geschäftsviertel zu errichten. Dass die Armen dadurch ihre bescheidenen Häuser verlieren, interessiert ihn scheinbar nur wenig. Herr van Delpt macht Damian ein Abkommen unter Gentlemen: Um Steuern zu sparen, solle er Judith, seine älteste Tochter heiraten. Er würde die Immobilie dann als Hochzeitsgeschenk an ihn übertragen. Etwas betroffen reagiert Herr van Delpt, als sich Damian aber für die jüngere Tochter Rachel entscheidet. Sie vereinbaren zunächst eine Verlobungsfeier.

Bei den Feierlichkeiten spielt Damian den lieben Schwiegersohn und fürsorglichen Liebhaber (Congratulations to the happy Couple). Getrübter Stimmung ist jedoch Judith. Eigentlich wollte sie Damian zum Mann. Darum beginnt sie allmählich gegen die neue Beziehung zu intrigieren. Unterdessen fällt der betrunkene Polizeichef der Stadt, Major Pascal de Watteau, unangenehm auf.

Rachel geht am folgenden Tag zur Kirche, um für die geglückte Verlobung zu danken (Que dois-je faire?). Sie ist nicht sonderlich bei der Sache und fühlt sich von einem anwesenden Handwerker gestört. Zu ihrer Verblüffung erkennt sie in dem Arbeiter den Spielkameraden ihrer Kindheit, David Varton. Als Kinder durften sie gemeinsam spielen, da Amelie Davids Patentante ist. Dem Vater des Hauses, José van Delpt, war diese Kinderfreundschaft jedoch bald ein Dorn im Auge und untersagte in Zukunft jeden Kontakt (Quien interrumpe mi rezo?). Rachel verlässt wegen der unerwartete Begegnung aufgewühlt und verwirrt die Kirche und irrt in der Stadt umher bis sie schließlich ins Armenviertel gerät.

Dort begegnet sie zu ihrer Verwunderung Jeanne Linné, dem Hausmädchen ihres Verlobten Damian. Sie berichtet Rachel, dass sie ein Gespräch ihres Chefs mitgehört habe, in dem es um Pläne mit dem Armenviertel gegangen sei (Damians Pläne). Rachel glaubt ihr nicht und führt ihren Weg fort. Bedrängt von Armen (Che cosa fa qui? und Aiutaci!) und hilflos findet sie schließlich David, der sich ihrer annimmt. Er zeigt ihr, dass es auch Schönes im Armenviertel gibt und nimmt sie zu einer kleinen Feier mit
.
Dort treffen sie auf einen weiteren Freund Davids, Simon Guignol, einen lebenslustigen und immer zu Scherzen aufgelegten Mann, der das verwaiste kleine Mädchen, Tinchen, aufzieht (Lasst die Sorgen los).

Obwohl es Rachel zu gefallen beginnt, muss sie aufbrechen und wird von David abends nach Hause gebracht. Judith, die ältere Schwester, beobachtet das Ganze und stellt sie zur Rede, was sie neuerdings mit dem Pöbel und Mob der Stadt zu tun habe (Did you have Fun?).

Bei einem Ortstermin im Armenviertel am nächsten Tag treffen Damian und dessen Geschäftspartner mit Simon aufeinander. Simon macht unmissverständlich klar, dass sie sich nicht einfach aus ihren Häusern vertreiben lassen (Wie witzig). Immer mehr Arme kommen hinzu und zwingen Damian den Ort des Geschehens zu verlassen. Er ersinnt einen bösen Plan.

Rachel und Damian begegnen sich anschließend am Frühstückstisch. Die junge Frau möchte wissen, ob Jeannes Informationen stimmen und stellt ihren Verlobten zur Rede. Damian nimmt sie nicht ernst (Was weißt du schon?) und verschwindet schließlich verärgert. Auch ihr Vater rät ihr, sich aus den geschäftlichen Angelegenheiten Damians herauszuhalten.

Judith fängt Damian vor dem Haus ab. Sie verrät ihm, dass Rachel für David sehr viel empfinde, erzählt von der Kinderfreundschaft und mahnt, dass das Geschäft platzen könne, wenn die Beziehung weiterginge (Du glaubst nicht, was ich sah).

Im Armenviertel treffen sich David, Jeanne und Simon. Sie unterhalten sich über die drohende Gefahr, dass das Armenviertel dem Erdboden gleichgemacht werden soll. Immer mehr Leute kommen hinzu und mischen sich in die Diskussion ein. Sie machen sich lauthals Luft über die Misere und sind sich einig darüber, dass sie sich wehren müssen (Ihr macht uns keine Angst). Sie beginnen gemeinsam den Widerstand zu organisieren (Justice). – – – (Ende 1. Akt)

2. AKT

Rachel macht sich abermals in die Kirche auf, in der gerade ein Chor singt (Kyrie). Sie betet voller Inbrunst und der Sache zugewandt (Nothing is at it once was). David erscheint, kniet sich zu ihr und ermutigt sie, anstatt nur zu beten, auch selbst etwas für die Armen zu unternehmen. Auf ihre solidarischen Worte sollten nun endlich Taten folgen (Du kannst es tun). Zusammen gehen sie aus der Kirche, Rachel stolpert und wird von David zärtlich aufgefangen.

Hinter einer Säule beobachtet Judith heimlich alles und weiß nun ihre Chance gekommen. Voller Hass gegen ihre Schwester erfindet sie einen Kuss. Rachel, so weiß sie, würde für Damian nach dem Kuss untragbar. Und wolle er weiter die Grundstücke, führe kein Weg mehr an ihr vorbei (Endlich krieg ich Damian). Eilig macht sie sich auf und erzählt Damian davon.

Der begibt sich sofort zum Haus der van Delpts und erzählt aufgebracht seinem Schwiegervater in spe, wie ungebührend und schamlos seine Tochter Rachel sich verhalte (Nicht zu ertragen). Herr van Delpt setzt zornig für den kommenden Tag den Termin zur Räumung des Armenviertels fest, ist sich jedoch noch unsicher, ob man alle Mieter herausbekomme. Damian beruhigt ihn. Das solle er seine Sorge sein lassen.

Als Rachel nach Hause kommt, gerät ihr Vater außer sich und verbietet ihr – wie damals schon als kleines Mädchen – jeglichen Kontakt mit David, der zu einer Familie wie der ihren nicht passe. Sie solle sich aus den Finanzgeschäften der Familie heraushalten. Würde sie sich in dieser Angelegenheit gegen die Familie stellen, wäre sie für immer verstoßen (Wie kannst du uns das antun?).

Rachel wird immer klarer, dass sie nicht Damian, sondern David liebt (Darei tutto per lui).

Zum ersten Mal brechen zudem Habgier, kaltherzige Berechnung und Elend in ihr Leben, was ihre Weltsicht und ihren Glauben erschüttern. Die junge Frau heult sich bei ihrer Amme aus, die sie zu trösten versucht (El mundo es tan frío).

Amelie erinnert Rachel an ihren Traum und erzählt die Geschichte der drei Magier zu Ende. Nur weil Josef auf seine innere Stimme hörte und nach Ägypten floh, entging die heilige Familie dem Kindermord in Bethlehem. Auch sie müsse jetzt auf ihre innere Stimme hören. Als Rachel erschöpft einschläft, manifestieren sich die einstigen Todessoldaten, die es nach Blut dürstet (Der Kindermord).

Damian ist mit einem Strohbündel unterwegs zum Armenviertel. Endgültig sieht er seine Stunde gekommen (Kanaillen). Durch einen Brand wird er nicht nur die Mieter los, sondern erspart sich auch noch die Abrisskosten. Das Haus, in dem Simon und David wohnen, soll als erstes angezündet werden, so zu sagen als Fackel für das gesamte Viertel.

Unterdessen bringt Simon Tinchen zu Bett (Der Mond ist aufgegangen), räumt noch etwas auf bis es schließlich völlig ruhig wird im Viertel (Den Besen schwingen).

Jeanne ist sehr beunruhigt. Sie ahnt eine Teufelei Damians und seine Andeutungen gehen ihr nicht mehr aus dem Kopf. Überall sucht sie nach ihm, findet ihn aber nicht. Aufgeregt klingelt sie darum Rachel aus dem Bett. Das Haus der van Delpts scheint der letzte mögliche Aufenthaltsort Damians. Aufgerüttelt durch Jeanne, fällt Rachel plötzlich ihr Traum wieder ein: der Brand, das Feuer! Die van Delpts entschließen sich, sicher zu gehen. Polizeimajor Pascal solle eine Wache im Viertel aufstellen. Gemeinsam eilen sie los.

Als Rachel mit der Polizei eintrifft, brennt das Haus bereits. David schafft es gerade noch rechtzeitig aus dem Haus, als es krachend einstürzt. Gemeinsam organisiert man die Löschung. Im Verborgenen beobachtet Damian das Geschehen. Als er jedoch Rachel in den Armen Davids sieht, vergisst er alle Vorsicht und geht auf ihn los (Dahin). Doch auf Wunsch Josés van Delpt wird er festgenommen. Judith ist außer sich: ihr hinterhältiger Plan ging nicht auf.

Simon und Tinchen sind nirgends zu sehen. Im Eingangsbereich findet David seinen bewusstlosen Freund und, geschützt durch dessen Körper, das kleine Mädchen. Tinchen lebt (The Child is alive). Für Simon kommt aber jede Hilfe zu spät. Die Rauchvergiftung ist zu schwer. Noch immer mit einem Lächeln auf den Lippen und mit Hoffnung im Herzen stirbt er in den Armen Jeannes und Davids, glücklich darüber, dass Tinchen gerettet ist (Hoffnung). Gemeinsam trauern die Anwesenden um ihren fröhlichen Freund
(Die Sterne weinen).

José van Delpt, durch die tragischen Ereignisse die Augen geöffnet, bittet um Verzeihung. Er erkennt, dass es nicht nur auf den Reichtum oder die Herkunft der Menschen ankommt und verspricht den Armen nun auf Lebenszeit das Viertel zu überlassen, sowie das zerstörte Haus neu aufzubauen. Rachel und David nehmen sich der Kleinen an. Tinchen hat neue Eltern.

In einem eindringlichen Appell rufen Rachel und alle Anwesenden dazu auf, sich auf den Weg zu machen, um Gott den Erlöser zu huldigen in der einzig heute adäquaten Form: einer tätigen Nächstenliebe in Ehrfurcht vor dem Anderen und einer glaubenden Hoffnung, die Welt jeden Tag ein bisschen bessern zu können, wenn man es nur wage – wie damals die drei Magier – sich auf den Weg zu machen und seinem inneren Stern zu folgen (Pour l’adorer). – – – (Ende 2. Akt)